Beim Einzug in die neue Wohnung habe ich mich über den riesigen Keller gefreut. Leider war dieser ziemlich feucht und hat zur Schimmelbildung und Salpeterausflockungen geneigt. Die erste Reaktion: Fenster auf, wenn es so richtig heiß ist, am besten den ganzen Tag lang. Das war der schlimmste Fehler.
Die Luftfeuchtigkeit
Warum ist das so? Dazu zuerst ein bisschen (laienhafte) Physik. Wir denken meist nur im Begriff der relativen Luftfeuchtigkeit. Wenn es im Sommer also 50% Luftfeuchtigkeit hat, müsste das doch besser (also trockener) sein, als wenn es im Winter 100% hat? Leider nicht. Die Wasser-Aufnahmefähigkeit der Luft hängt nämlich von der Temperatur ab:
Je wärmer die Luft, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen.
- Relative Luftfeuchtigkeit: Zu wie viel Prozent ist die Luft bei gegebener Temperatur mit Wasser gesättigt
- Absolute Luftfeuchtigkeit: Wie viel Wasser (z.B. in g/m³) befindet in der Luft
Zum Vergleich:
- bei 0°C und 100% rel. Luftfeuchtigkeit befinden sich ca. 4,8 g/m³ Wasser in der Luft
- bei 25°C und 100% rel. Luftfeuchtigkeit befinden sich ca. 23 g/m³ Wasser in der Luft
- bei 25°C und 50% sind es immer noch 11,5 g/m³
Das Problem beim Lüften im Sommer
Stellen wir uns vor, es hat draußen gerade 25°C bei 75% Luftfeuchtigkeit, im Keller hat es angenehme 15°C. Jetzt öffnen wir die Fenster - die Luft im Keller wird wärmer. Draußen hält die Luft bei 25°C daher 17,3g Wasser je m³. Im Keller angekommen, kühlen die kalten Wände die Lufttemperatur herunter. Bei 15°C kann die Luft jedoch nur noch maximal 12,8g Wasser je m³ halten. Das Ergebnis ist, dass die Luftfeuchtigkeit im Keller auf 100% steigt und das restliche Wasser (in diesem Beispiel 4,5g) von der Luft nicht mehr gehalten werden kann - es setzt sich auf dem Boden und auf Wänden ab. Hält dies länger an, fangen sie an zu modern und zu schimmeln.
Beispiel | Außen | Innen |
---|---|---|
Temperatur | 25 °C | 15 °C |
Luftfeuchtikgiet | 75% | steigt gegen 100 % |
Absolute Luftfeuchtigkeit | 17,3g/m³ | 12,8g (Max. möglicher Wert) |
Überschüssiges Wasser | 4,5g |
Dieser Effekt ist vergleichbar mit einer kalten Bierflasche, die man in die warme Luft stellt. Die Feuchtigkeit der Luft kondensiert an der kalten Oberfläche der Flasche. Ähnliches passiert im Keller, nur dass die kalte Bierflasche hier die Kellerwand ist.
Keller richtig Lüften Wann ist die richtige Zeit zum Lüften?
Die wichtigste Regel lautet:
- Nur lüften, wenn die absolute Luftfeuchtigkeit draußen niedriger ist als drinnen!
Dazu muss man jeweils die absolute Luftfeuchtigkeit berechnen. Als Hilfe habe ich folgende PDF-Tabelle zum Ausdrucken und Aufhängen erstellt:
(ca. 109 kb)
Generell kann man zum Lüften noch ein paar Faustregeln aufstellen:
- Je kälter es draußen ist, desto besser ist es generell zu Lüften (besonders im Winter)
- Je niedriger die relative Luftfeuchtigkeit draußen ist, desto besser
- Eine gute absolute Außen-Luftfeuchtigkeit zum Lüften liegt im Sommer meist bei unter 8g/m³
- Einen Thermo-Hygrometer im Keller aufstellen, ich verwende diesen digitalen Thermo-Hygrometer oder noch besser eine Wetterstation mit den entsprechenden Funktionen
- Zwischen absoluter Luftfeuchtigkeit im Keller und draußen sollte genügend Sicherheitsabstand sein (ca. 2g/m³)
- Ein Indiz für einen guten Lüftzeitpunkt ist oftmals Wind - meist ist die absolute Luftfeuchtigkeit bei längerem („trockenem“) Wind besonders niedrig, aber Achtung auf zufliegende Fenster und Türen!
Schließlich habe ich auch selbst eine kleine Web-Anwendung entwickelt, die einen guten Zeitpunkt zum Lüften, abhängig von der absoluten Luftfeuchtigkeit, schätzt: PTMR Lüften Tool.
Was kann man noch beachten?
Feuchtigkeitsquellen beseitigen
Tropfende Wasserhähne und Rohre sollten möglichst abgedichtet werden. Das beste Lüften hilft nichts, wenn ständig Feuchtigkeit nachkommt. Vor allem Heizungen, die Gastherme, Waschbecken etc. gut kontrollieren und auch überprüfen, ob Regenwasser eintritt.
Fenster isolieren
Undichte Fenster und Türen sind ebenso schädlich, wie falsches Lüften. Denn ein leichter Zug reicht schon aus, um feuchte Luft in den Keller zu lassen. Leider hat man oft gerade bei den Kellerfenstern gespart. Bei uns sind z.B. alte, einglasige Holzfenster ohne Isolation vorhanden. Ein bisschen Abhilfe kann auch das Erneuern von Gummidichtungen in Fenstern und Türen bringen. Bei Kunststofffenstern kann der Profi zum Feineinstellen kommen. Sollte das alles nichts bringen, hilft aber wohl oder übel nur noch ein Austausch der Fenster.
Hinweis: Wenn der Keller einfach nicht abzudichten ist, kann man nur noch eine andere Taktik verwenden. Mit Durchzugsluft den Keller auf ungefähr gleiche Temperatur wie außen bringen. Dazu am besten zwei gegenüberliegende Fenster öffnen. Mit einer Zeitschaltuhr und einem Ventilator dann tagsüber für Durchzug sorgen. So verhindert man ein Kondensieren der Luft an den Wänden. Ein Nachteil dieser Methode ist natürlich, dass man den Keller auch im Sommer relativ warm halten muss und dieser gegebenenfalls darüber liegende Räume zusätzlich erwärmt.
Heizen - wärmere Keller tolerieren mehr (absolute) Luftfeuchtigkeit
Zusätzlich kann man einen Heizlüfter verwenden. Zum einen hält warme Luft mehr Wasser. Zum anderen hat dies auch Vorteil, dass sich die Temperaturen zwischen einem heißen Sommertag draußen und der kühlen Kellertemperatur annähern. Zudem steigt warme (und feuchte) Luft nach oben. Heizt man also den Keller auf und öffnet danach die Fenster (bei passenden Außenkonditionen), strömt die feuchte Luft schneller raus und wird durch trockene Luft ersetzt.
Nachteil: hoher Stromverbrauch.
Wenn nichts mehr hilft: Luftentfeuchter aufstellen
Sollte alles nichts (oder nur wenig) bringen, ist der Keller zu undicht, kalt oder es ist schon zu viel Feuchtigkeit in den Wänden. Da helfen kleine DIY Luftentfeuchter nichts mehr. Doch auch die strombetriebenen Geräte kosten heute kein Vermögen mehr. Für ca. 166 € (Stand: Juni 2021) gibt es z.B. den sehr gut bewerteten Comfee Luftentfeuchter (7774 Bewertungen mit 4,5 Sternen). Der Stromverbrauch hält sich mit 350 Watt in Grenzen und ist im Vergleich zum Heizen (ca. 2000 Watt) sicherlich vorteilhafter und umweltschonender. Um die Feuchtigkeit in den Griff zu bekommen, ist das Gerät die Investition wert.
Ich persönlich habe das Vorgängermodell seit mittlerweile über 5 Jahren im Einsatz. Mit der dem Luftfeuchtigkeitssensor läuft das Gerät auch nur, wenn die Feuchtigkeit zu hoch steigt. Trotzdem muss ich im Sommer fast täglich ausleeren. Es hat sich aber gelohnt, mittlerweile steht eine Werkstatt im Keller und ich traue mich bedenkenlos meine Werkzeuge dort zu lagern.
TLDR; Richtig lüften ist schon die halbe Miete
Wenn man ein Gefühl für die absolute Luftfeuchtigkeit bekommen hat, lässt sich der Keller in der Regel auf ein akzeptables Niveau bringen. Ein Thermo-Hygrometer ist aber auf jeden Fall der erste Ansatzpunkt, um das Ausmaß überhaupt feststellen zu können. Dann müssen Feuchtigkeitsquellen beseitigt werden und die Fenster sollten möglichst dicht sein. Möchte man empfindliche Gegenstände lagern, empfiehlt sich jedenfalls ein elektrischer Luftentfeuchter, der gerade im Sommer Abhilfe schaffen kann.
Lässt sich der Keller hingegen nicht abdichten, kann man eine andere Strategie versuchen: Den Keller mittels Zeitschaltuhr und Ventilator auf Außentemperatur zu halten, um so ein Kondensieren an den Wänden zu verhindern.